Das sprechende Buch
Unterhaltung mit 8GeBeN.DE
Das sprechende Buch
Unterhaltung mit 8GeBeN.DE
Der faule Kunz
Ein rheinischer Edelmann, der nach Rom reiten wollte, um dort seine Sünden zu beichten und Buße zu tun, stellte mit seinem Reitknecht, der ihn begleiten sollte, den Reiseplan dahingehend auf, daß, weil es ein heißer Sommer war, nur des Morgens in aller Frühe und des Abends in der Kühle geritten, in der größten Hitze aber stille gelegen werden sollte.
Eines Abends ritten Sie auch wirklich los und sattelten, nachdem Sie drei oder vier Meilen hinter sich gebracht hatten, vor einer Schenke am Rheine ab, aßen vortrefflich, tranken noch besser und blieben vor den Bechern sitzen, bis es zehn Uhr schlug. "Kunz", sprach der edle Herr, "es ist äußerst spät geworden, sorge mir ja, daß du die Pferde in aller frühe fütterst und sattelst, damit wir in der Kühle reiten, wie wir es beschlossen haben." "Keine Sorge Herr", sprach Kunz, die Augen aufreißend, "ich werde früh genug auf den Beinen sein." Hierauf brachte sie der Wirt hinten im Hause in einer Kammer, wo es auch bei Tag still wie im Grabe war, zu Bett.
"Kunz", knurrte der Junker, nachdem er den ersten Schlaf getan, "Steh auf und füttere die Gäule." "Aber Junker", sagte Kunz, "es ist ja noch nicht Mitternacht, eben erst sind wir schlafen gegangen."
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Sie schliefen also abermals zwei Stunden. Dann weckte der Junker aufs neue. Kunz stand auf, tappte im Dunkeln zum Fensterladen, wie er meinte, doch erwischte er statt dessen das Türchen eines Schrankes an der Wand. Er tat es auf und starrte in alle vier Winkel hinein. "Junker", sagte er vorwurfsvoll, "Ihr seid ein sehr unruhiger Mensch, es ist noch finster wie in einem Kuharsch, man könnte einem ein Auge mit dem Finger austechen, er würde ihn nicht gewahr werden." Sie schliefen also wieder ein Stündchen; dann stand der Junker selber auf, mit seinem Knecht in den finsteren Schrank hineinzustarren, und so trieben sie es so lange hin und her, bis der Wirt heraufkam und die Läden aufschlug. Da stand die Sonne schon hoch über den Weinbergen, und es ging auf zehn Uhr. Der Junker war zornig und wollte sogleich los reiten, aber weil Kunz meinte, die Pferde müßten ohnedies erst gefüttert werden, und warum man also nüchtern los traben sollte ? - , so nahmen sie das Morgenmahl. Nach dem Morgenmahl, als der Junker endlich aufsitzen wollte, sprach wiederum Kunz: "Aber lieber Herr, jetzt ist es am allerheißesten ! Wir verderben ja unsere Pferde, wenn wir jetzt reiten, und es ist ganz und gar gegen unseren Plan ! Überdies ist jetzt die Vogelruhe und die Zeit, daß die geistlichen Reiter schlafen sollen." So blieben sie denn bis gegen Abend vor der Schenke beim Weine, dann saßen sie auf und ritten einstweilen wieder heim, denn der Junker sah ein, daß er mit dem faulen Kunz so bald nicht nach Rom kommen würde.
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Ende gut - Alles gut !