Das sprechende Buch
Unterhaltung mit 8GeBeN.DE
Das sprechende Buch
Unterhaltung mit 8GeBeN.DE
Der verlegene Magistrat
Ein Stadtsoldat hatte vor nicht gar langer Zeit ohne Erlaubnis seines Offiziers die Stadtwache verlassen. Nach einem uralten Gesetz steht auf ein Verbrechen dieser Art, das sonst, der Streitereien des Adels wegen, von großer Wichtigkeit war, eigentlich der Tod.
Gleichwohl, ohne das Gesetz mit bestimmten Worten aufzugeben, ist davon seit Jahrhunderten kein Gebrauch mehr gemacht worden, dergestalt, daß, statt auf die Todesstrafe zu erkennen, derjenige, der sich dessen schuldig macht, nach einem feststehenden Gebrauch zu einer bloßen Geldstrafe, die er an die Stadtkasse zu erlegen hat, verurteilt wird.
Der besagte Kerl aber, der keine Lust haben mochte, das Geld zu entrichten, erklärte, zur großen Bestürzung des Magisrats, daß er, weil es ihm einmal zukomme, dem Gesetz gemäß sterben wolle. Der Magistrat, der ein Mißverständnis vermutete, schickte einen Deputierten an den Kerl ab und ließ ihm bedeuten, um wieviel vorteilhafter es für ihn wäre, einige Gulden Geld zu erlegen, als arkebusiert zu werden.
Doch der Kerl blieb dabei, daß er seines Lebens müde und daß er sterben wolle, dergestalt, daß dem Magistrat, der kein Blut vergießen wollte, nichts übrig blieb, als dem Schelm die Geldstrafe zu erlassen, und noch froh war, als er erklärte, daß er bei so bewandten Umständen am Leben bleiben wolle.
Heinrich von Kleist
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Ende gut - Alles gut !